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Predigt von Weihbischof Thomas Maria Renz zur Zunftmesse anlässlich des Narrentreffens am 26.01.2003 in Rottenburg

Liabe Närrina ond Narra,
Liabe Gäscht ond Oihoimische!

Nach 'rer kurza oder langa Nacht,
Hond'r eich früh auf d'Socka g'macht,
Um Gott zu ehra ond zu danka,
Während andre hoim erscht wanket.

Des verdient an solche Dag wie heit,
Lob ond Anerkennung bei de Leit.
Drum an Eich a großes Kompliment,
Für dia Ehrerbietung vor'm Sakrament.

M'r froagt sich heut jo scho gelegentlich:
In welcher Zeit lebem'r denn eigentlich?
Hond Menscha vor Gott koi Ehrfurcht meh?
Viele denket: Hauptsach, i hon's schee!

Doch Gott bloß an guata Maa sei lossa
Ond seine Nebamenscha trietza oder hassa,
Des bringt uns ganz g'wiß koin Sega,
Ond den brauche m'r doch auf alle Wega.

Grad in dera schwieriga ond osichra Zeit,
Bräuchte m'r wieder gottesfürcht'ge Leit,
Menscha, dia sich hond zu Gott bekehrt
Ond erfolgreich gega d'Bosheit g'wehrt.

Fasnet ond Bekehrung, könnt'mr moina,
Dia loaßt sich og'fähr so schwer vereina
Wia Wasser ond Feuer, wia billig ond teuer,
Wie trocka ond nass, wia Liebe ond Hass.

Doch des isch an glatter Irrtum, liabe Leit,
Des mecht i eich beweisa ond belega heit.
Ond zwar hon i g'funda glei drei Beleg,
Dass sich boides kommt net ins Geheg.

S'erscht isch a hochinteressants Gemälde
Grad über mir, unterhalb von dem Gebälke:
Über den Narr aus'm 15. Jahrhundert
Hoat sich sicher scho mancher g'wundert.

Verschiedene Narra mit Kappa oder im Tanz,
Mit Leichtigkeit, spielerisch ond mit Glanz,
Dund als Kircha?Träger ihren Glauba bezeuga,
Als zu Gott ond zur Kirch bekehrte Heida.

An fröhlicha, närrischa Tanz im Kirchaschiff
Des gibt d'r Fasnet erscht an rechta Schliff.
Denn z'amma g'heerat Narretei ond Glauba,
Ond vor'm Faschta dud m'r s'Häs abstauba.

Wie d'r Vorabend vom Christfescht d'Weih-Nacht,
Isch d'r Vorabend d'r Faschta-Zeit d'Fast-Nacht.
Was an Aschermittwoch isch d'ernste Bekehrung,
Isch an d'r Fasnet d'hintergründige Belehrung.

Jetzt zum zwoita Beweis, dass i darf behaupta,
D'Fasnet g'heert zom christliche Glauba.
Nehmet mir bitte mei Überzeugung net krumm,
Dass Jesus hat g'macht d'r erschte Narrasprung.

Im alttestamentlichen Buch d'r Weisheit heißt's:
"Als tiefes Schweigen das All umfing und die Nacht bis
Zur Mitte gelangt war, da sprang dein allmächtiges Wort
Vom Himmel, vom königlichen Thron herab." (Wsh 18,14)

Dieser Sprung Gottes in unser verrückte Welt,
Der als Quantensprung göttlicher Liebe zählt,
Isch in d'r Tat unglaublich ond närrisch:
Gott zoigt sich ganz dienend, nicht herrisch.

An göttlicher Narrasprung in d'r Heilige Nacht:
Dass Gott sich entkleidet all seiner Macht,
Dass'r sich mit Haut ond Haar will geba,
Des koscht ihn am Ende sogar s'Leba.

Doch diesem Gott isch koin Preis zu hoch,
Denn Er liebt jeden von uns noch und noch.
Verrückt, so a u'bändige Liebe zu uns:
Unser Heil isch sei oinziger Wunsch!

Dass Gott so närrisch isch nach uns Menscha,
Die Erfahrung mecht m'r jedem wünscha:
Dass Gott an uns hoat an Narra g'fressa,
Des darf d'r Mensch doch net vergessa.

Drum hond m'r doch wirklich allen Grund,
Gott zu loba mit'm Herz ond mit'm Mund.
Und so isch d'Fasnet zu Recht für viele Leit,
An Ausdruck von Glück und Lebensfreid.

An dritter Grund plädiert zu guter Letzscht,
Dass d'Fasnet isch a chrischtlichs Feschd:
Auf d'r Narr m'r nämlich plötzlich trifft
An manche Schtella in d'r Heiliga Schrift.

Wobei Narr no meischtens absichtlich
Beschrieba isch als dumm ond kurzsichtich:
"Weise sterbet, genauso ganget Tor und Narr zugrunde,
sie müsset andre ihren Reichtum loassa". (Ps 49, 11)

Ond im Evangelium sagt Jesus moal knallhart:
Wer nach Geld giert ond bloß für sich selber spart,
Der hat's Wesentliche vom Leba net kapiert,
Drum an Narr zu nenna er sich net scheniert:

"Du Narr! Noch in dieser Nacht wird man dein Leben
Von dir zurückfordern. Wem wird dann all das gehören,
Was du angehäuft hast? So geht es jedem, der nur für sich
Selbst Schätze sammelt, aber vor Gott nicht reich ist". (Lk 12, 20f).

So gut mir die närrische Zeit au gfällt:
So an Narr mecht i um nix sei auf d'r Welt.
Sei also an Narr im positiva Sinn,
Dann wird dei Leba zum Gewinn.

Liabe Närrina ond Narra, liabe Leit,
Die biblische Botschaft von heit
Isch ernscht ond macht nachdenklich,
Jo, fürs Wesentliche erscht empfänglich.

D'Lesung sagt: Die Gestalt d'r Welt wird verganga,
S'Evangelium sieht Jesus d'r Seine voranganga.
Umkehr, Glaube ond Nachfolge sind ag'sagt,
Gott rettet koin zwingend ond ug'fragt.

Damit wird uns heut schoa an Hinweis geba
Auf d'r Aschermittwoch ond s'Faschta-Leba. 
Dass d'Fasnet isch a fröhlich-unbeschwerte Zeit,
Dass se uns aber aufs Faschta vorbereitet scho heit.

In diesem Sinn wünsch' i Euch alle heut,
Bei d'r Fasnet viel Spaß und viel Freud.
Genießet den Tag, den Gott euch schenkt,
Vergesset doch amoal, was Euch kränkt.

Doch bei allem Spaß ond Jux bedenkt,
Dass es Gott isch, der euer Leba lenkt.
Gebt ihm die Ehre ond lobt seinen Namen,
Dann wird er euch helfa ond retta. Amen.
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